Faktencheck
Unsere Recherchen im Web, sowie die Prüfung der Probleme bereits existierender Anlegestellen für Kabinenschiffe (u.a. Mainz und Bernkastel-Kues) in Rheinland-Pfalz zeigen und belegen folgende besorgniserregende Fakten:
1.Gefährdungslage
Schon jetzt ist es an Engstellen auf der Mosel gefährlich, wenn Wassersportler durch sich begegnende Binnenschiffe in der Fahrrinne abgedrängt werden. Noch können Ruderer oder Kanuten talwärts ins Flachwasser auf Höhe der geplanten Anlegestelle flüchten. Dieser Ausweg ist aber bald verbaut. Denn eine 300 Meter lange, stählerne Wand aus 4 Kabinenschiffen soll dort künftig liegen. Die Sportler können dann nicht mehr ausweichen und werden durch Sog, Wellenschlag und Manöver der Schiffe gefährdet. Schwere und schwerste Verletzungen sind wahrscheinlich. In Traben-Trabach ist dies heute schon der Fall und Wassersportler sollten gewarnt sein!
Vgl. Artikel Trierischer Volksfreund v. 30.04.25: https://rp-tv-epaper.s4p-iapps.com/artikel/1027411/35172025#

2. ökologische Schäden
Damit die Schiffe anlegen können, muss die Mosel in Trier ausgebaggert werden. Und dies auf einer Länge von ca. 300-400 Metern, einer Breite von ca. 35 Metern und einer Tiefe von 3 Metern. Natürlich bedeutet dies einen massiven Eingriff in das Ökosystem des Flusses. Landseitig fällt sofort der alte Baumbestand ins Auge. Aber Flora und Fauna werden auch insgesamt leiden.
Hiervor warnt der BUND: Vgl. Statement von Frau Dr. Agnes Tillmann-Steinbuß (BUND) im Beitrag von 17:30 SAT.1 LIVE: https://www.1730live.de/2025/04/30/aerger-anleger-trier/

3. Massentourismus ohne großen wirtschaftlichen Gewinn für die Stadt
Aktuell geht man von ca. 40.000 zusätzlichen Kreuzfahrt-Touristen für die Stadt aus. Da die Wertschöpfungskette komplett an Bord der Kabinenschiffe generiert wird (All inclusive Verpflegung, Ausflüge mit eigenen Bussen etc.) bleibt nur wenig „Geschäft“ für die Stadt. Die vereinzelten Stadtführungen für die Kreuzfahrenden bringen kaum Kaufkraft in die Stadt. Zu dicht ist das Programm der vorwiegend US-amerikanischen und asiatischen Kreuzfahrgäste.
Ähnlich sieht das auch Juniorprofessor Michael Mießner: vgl. SWR Aktuell, Sendung 19:30 Uhr v. 16.04.25 – ab Minute 03:50: https://www.ardmediathek.de/video/swr-aktuell-rheinland-pfalz/sendung-19-30-vom-16-04-2025/swr-rp/Y3JpZDovL3N3ci5kZS9hZXgvbzIyMjg4MDY

4. Belastungen durch und für den Verkehr in Trier
Trier ist End- und/oder Zielpunkt für die Routen von Viking. Die Touristen müssen alle mit Bussen hin- oder abtransportiert werden. Dies bedeutet einige tausend zusätzliche Busfahrten. Damit relativiert sich der von den Stadtwerken prognostizierte ökologische Gewinn durch „grünen“ Landstrom schnell. Die Belastungen durch Emissionen und den zusätzlichen Verkehr bringen nur Verlierer. Verlierer sind dabei die Bürger von Trier, die unter den Bustransfers leiden werden.

5. Belastungen für die Infrastruktur / Trinkwasser und Fäkalien
Die Kabinenschiffe nutzen Trier als Start/Zielpunkt – also werden sie Trinkwasser auffüllen und Fäkalien abgeben wollen und müssen. Ein 135 Meter Viking Longship fasst 230 Tonnen Trinkwasser und verarbeitet 60 Tonnen Fäkalien. Laut Statistischen Bundesamt liegt der Bedarf je Einwohner an Wasser bei 128 Liter am Tag. 230.000 Liter dividiert durch 128 Liter ergibt einen Bedarf von 1.797 Personen.
Bei 4 Schiffen und geschätzten 210 zusätzlichen Anlegemanövern ergibt das einen zusätzlichen Trinkwasserbedarf von 377.370 Personen für Trier. In Zeiten, wo man in Luxemburg überlegt, künftig Trinkwasser aus der Mosel zu gewinnen, sollte man auch in Trier anfangen, nachzudenken. Und ja, die Touristen kommen im Sommer – wenn Trinkwasser knapp wird! Nicht zu vergessen, die 60 Tonnen Fäkalien – die werden aber zu Teilen an Bord geklärt, sodass die SWT aber doch noch am Fäkalschlamm verdienen darf! Dat darf dat!
Artikel Trierischer Volksfreund v. 20.05.25: Erste Dürre – Schäden in der Region – droht jetzt ein Hitzesommer? https://rp-tv-epaper.s4p-iapps.com/artikel/1028147/35499035#

6. Enorme Anforderungen an die Stromversorgung der Kabinenschiffe
Sowohl in Bernkastel-Kues als auch in Traben-Trabach gibt es aktuell großen Streit um die Versorgung der Kabinenschiffe mit Landstrom. In Bernkastel-Kues geht es um rund 3 Millionen Euro – so hoch sind die Kosten, um den Strom an die Schiffe zu bringen. In Traben-Trabach wollen die Kapitäne erst gar keinen Landstrom nutzen und husten die Abgase direkt in die Stadt und in einen nahe gelegenen Kinderspielplatz.
Zahlen zum benötigten Strom in Trier: Nach unseren Informationen benötigen die Kabinenschiffe jeweils 800 Ampere bei 400 Volt Spannung – das sind beachtliche 320 Kilowatt je Schiff – solange es dort liegt. Also insgesamt permanente 3200 Ampere oder 1.280 KW. Die Touristen (190 Passagiere je Schiff) wollen ja voll klimatisiert reisen. Spannend wird es für die Stadtwerke Trier, den „grünen“ Strom überhaupt dauerhaft bereit zu stellen und die massiven Trafo-Anlagen Hochwasser-sicher zu bauen – Zweifel sind hier angebracht!
Quellennachweise zu Mainz, Bernkastel-Kues und Traben-Trabach:
Artikel Mainz& – Internetzeitung aus Mainz, für Mainz und v. 05.09.19 – Landstrom für Schiffe am Mainzer Rheinufre in weiter Ferne – Mainzer Stromnetz bislang nicht ertüchtigt https://mainzund.de/landstrom-fuer-schiffe-am-mainzer-rheinufer-in-weiter-ferne-mainzer-stromnetz-bislang-nicht-ertuechtigt
Artikel Trierischer Volksfreund v. 14.12.24 – Bernkastel-Kues: Ärger um die Stromversorgung der neuen Schiffsanlegerhttps://www.volksfreund.de/region/mosel-wittlich-hunsrueck/bernkastel-kues-die-geplante-trafostation-der-schiffsanleger-sorgt-fuer-aerger_aid-122069381
Artikel Trierischer Volksfreund v. 02.11.24 – Wieder Zoff um den Schiffsanleger in Berkastel-Kueshttps://www.volksfreund.de/region/mosel-wittlich-hunsrueck/bernkastel-kues-wieder-zoff-um-den-schiffsanleger_aid-120535433
Webseite der Bürgerinitiative in Traben Trabach: https://www.schiffsanleger-traben.de/information/

7. Versandung
Die Kabinenschiffe bringen mit ihren 1900 PS starken Ruderpropellern aber noch weitere Ungemach und Schäden. Die Riesen müssen zum Drehen/Wenden rückwärts bis zum Ehranger Hafen fahren. Dort erst ist die Mosel breit genug, um ein Wendemanöver zu fahren – dabei werden große Mengen an Sand und Sediment aufgewirbelt. Sehr schlimm wird es auch für das „Biotop“ (tatsächlich eine Ausgleichsmaßnahme aus der 90ér Jahren mit Kribben und Buhnen zum Schutz von Kleinstlebewesen, Fisch-Laich-Plätzen u.v.m.) direkt unterhalb der geplanten Anlegestelle. Die PS-starken Ruderpropeller werden diesen Bereich innerhalb kürzester Zeit versanden und Habitate vernichten. Wir haben noch weitere Bereiche der Mosel in Trier ausgemacht, die von Versandung bedroht sind. Unsere Recherche dauert hier noch an!

8. Das Ende der Fahnenstange – NEIN – viel mehr Kabinenschiffe auf der Mosel sind wahrscheinlich
Bedingt durch den Klimawandel, erleben wir auch in diesem Jahr zunehmend und regelmäßig Niedrigwasserstände am Rhein. Es ist völlig klar, dass die Kabinenschiffe dann gerne auf die Mosel ausweichen und dadurch eine weitere erhebliche Steigerung des Schiffsverkehrs eintreten wird. Nicht umsonst investiert die Kreuzfahrtindustrie Millionen von Euros in die Anlegestellen. Die Mosel ist ein staugeführter Fluss/Kanal und dadurch relativ unanfällig für Niedrigwasser.
Schon heute beklagen die lokalen Fahrgastschiffe der Gebrüder Kolb massive Wartezeiten an den Moselschleusen (vor allem Detzem und Wintrich), die durch Kabinenschiffe verursacht werden.

Fazit
Ein Massentourismus, der Natur und Freizeitwerte an der Mosel zerstört und die Bürger mit Emissionen drangsaliert, lässt Zustände wie in Venedig befürchten.
Ökologische Schäden und die Gefährdung der Gesundheit von Wassersportlern sind scheinbar kein großes Thema bei den Planungen.
Problematisch sehen wir die Entwicklung des Niedrigwassers im Rhein. Die Kabinenschiffe werden künftig natürlich gerne auf die Mosel ausweichen. Das bedeutet für die Zukunft weit mehr als die avisierten 40.000 Kabinenschiff-Touristen im Jahr. Die Stadt wird infrastrukturell und verkehrlich kollabieren, an Natur und Freizeitwert verlieren. Auch lassen die Planungen bislang keine ausreichende Berücksichtigung möglicher Gefahren für den Wassersport erkennen. Verletzte oder schwerst verletzte Wassersportler werden als Kollateralschäden billigend in Kauf genommen.